Vuolajärvi, Niina ORCID: 0000-0002-4948-7214 (2022) Kriminalisierung von Sexkaufenden: Erfahrungen aus der nordischen Region. Centre for Women, Peace and Security Policy Brief Series (06/2022). Centre for Women, Peace and Security, London School of Economics and Political Science, London, UK.
Text (WPS-Policy-Paper-6-German)
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Abstract
Schweden war 1999 das erste Land, das die Kriminalisierung von Menschen, die sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen, als zentralen Bestandteil eines umfassenderen Konzepts zur Beendigung der Nachfrage nach kommerziellem Sex einsetzte. Versionen dessen, was heute allgemein als das „nordische Modell“1 der Sexarbeitsgesetzgebung bekannt ist, das auch Dritte kriminalisiert, aber Sexarbeitende angeblich von der Kriminalisierung ausnimmt, wurden bald darauf in Norwegen und Finnland verabschiedet, und politische Maßnahmen, die sich auf die Kriminalisierung des Sexkaufs konzentrieren, wurden in ganz Europa und Nordamerika übernommen. Die Politik des nordischen Modells stützt sich auf radikalfeministische Argumente, wonach kommerzieller Sex eine Form der Gewalt gegen Frauen darstellt, und begründet damit die Abschaffung der Sexarbeit. Da Frauen (und Sexarbeitende anderer Geschlechtsidentitäten, Anm. d. Übers.) in dieser Ideologie als Opfer betrachtet werden, sollten sie nicht weiter bestraft, sondern stattdessen geschützt werden. Die Gesetzesänderung sollte die Gleichstellung der Geschlechter und das Wohlergehen sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf individueller Ebene fördern, indem das Gesetz als normatives Instrument genutzt wird, um der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass kommerzieller Sex nicht akzeptabel ist.2 In dieser Abhandlung wird untersucht, wie sich die Kriminalisierung des Sexkaufs auf Sexarbeitende und Menschen in der Sexbranche auswirkt und wie gefährdet sie für Gewalt und Ausbeutung sind. Da in der nordischen Region, wie auch in vielen anderen Ländern, mehr als 70 Prozent der Menschen in der Sexbranche Migrant*innen sind, wird in dieser Abhandlung auch untersucht, wie sich die polizeiliche Verfolgung von kommerziellem Sex im Rahmen des nordischen Modells mit der Einwanderungspolitik und ihrer Durchsetzung überschneidet. Die Abhandlung kommt zu dem Schluss, dass sich das nordische Modell negativ auf Sexarbeitende sowie auf Menschen in der Paysex-Branche auswirkt und dass sich die Auswirkungen vervielfachen, wenn diejenigen, die Sex verkaufen, migrantisiert sind. Diese Ergebnisse legen nahe, die strafrechtlichen Sanktionen für einvernehmlichen kommerziellen Sex abzuschaffen, um die Sicherheit, Integrität und Rechte von Menschen in der Sexbranche zu schützen. Die Schlussfolgerungen basieren auf ethnografischen Untersuchungen, die über einen Zeitraum von drei Jahren in der nordischen Region (Schweden, Norwegen, Finnland) durchgeführt wurden und 210 formelle Interviews mit Sexarbeitenden und Menschen in der Sexbranche, mit der Polizei, mit Sozialarbeitenden und mit politischen Entscheidungsträger*innen sowie eine eingehende politische und rechtliche Analyse umfassten.3 Die Mehrheit der 129 befragten Personen, die in der Sexbranche tätig sind, sind cis und trans* Frauen. Sie repräsentieren die wichtigsten Regionen und Herkunftsländer (Osteuropa, Russland, Lateinamerika, Nigeria, Thailand und die nordischen Länder) und Arbeitsorte (online/ indoor, Straße, Massagesalons, Striptease-Lokale/Clubs).
Item Type: | Monograph (Report) |
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Official URL: | https://www.lse.ac.uk/women-peace-security/publica... |
Additional Information: | © 2022 The Author |
Divisions: | European Institute |
Subjects: | H Social Sciences > HQ The family. Marriage. Woman H Social Sciences > HV Social pathology. Social and public welfare. Criminology J Political Science > JV Colonies and colonization. Emigration and immigration. International migration |
Date Deposited: | 15 Aug 2024 15:28 |
Last Modified: | 01 Nov 2024 05:08 |
URI: | http://eprints.lse.ac.uk/id/eprint/124557 |
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